Geschrieben von Christoph Zielazny am 04.09.2024
… auch ein “Albatros” am Start!
Unser Vereinsmitglied Christoph Holtermann ist auch im diesem Jahr wieder weit für das Hobby gereist und hat an der Fesselflugweltmeisterschaft in Muncie, Indiana teilgenommen.
Ich freue mich sehr, dass Christoph uns darüber einen schönen Bericht zur Verfügung gestellt hat. Viel Spaß beim Lesen!
"Ein paar von Euch mögen es mitbekommen haben, ich habe dieses Jahr, teils auch schon sehr früh in den Morgenstunden vor der Arbeit auf unserem von Patrick immer bestens gemähten Platz für die Weltmeisterschaft im Fesselkunstflug trainiert, die dann auch im August in Muncie, Indiana stattfand. Herzlichen Dank an Euch für Eure Geduld, wenn ich hier und da mal Euren Flugbetrieb ausgebremst habe.
Ausgerichtet wurde die WM auf dem International Aeromodelling Center in Muncie, Indiana, wohl der weltweit größte Modellflugplatz. Hier finden wöchentlich Großveranstaltungen in allen denkbaren Modellflugkategorien statt, internationale Weltmeisterschaften aber auch nationale Wettbewerbe. Auf einer Fläche von über 4 km2 , das sind 404 ha sind mehrere Pisten verteilt, die mitunter nur mit Wegweisern zu finden sind. Campingplätze für Camper/Wohnanhänger gehören auch dazu, und kurioserweise auch ein eigener Friedhof, wer auch nach seinem Tod dem Modellflug verbunden bleiben will…
Obwohl Fesselflug weltweit eher Randsportcharakter hat, sind auf dieser Modellfluganlage allein 5 der 9 Pisten dem Fesselflug gewidmet. Erst 2 Wochen vor der WM wurden sogar die Fesselflugkreise für ca. 1 Mio. $ neu asphaltiert. Die Pisten- aber auch die ungestörten Windverhältnisse waren für die Flüge ideal, sodass für alle Teilnehmer faire und vergleichbare Bedingungen herrschten.
Teil der Anlage ist auch ein von 3 Vollzeitkräften betreutes Modellflugmuseum mit Exponaten von den Anfängen des Modellflugs (Freiflug, Fesselflug) bis zur Neuzeit (Drohnen). Highlight ist ein dort integrierter und original ausgestatteter Modellbauladen im Stile der 50er Jahre, selbst leichter Lösemittelgeruch entweicht noch den Original-Klebstofftuben aus dieser Zeit.
Fesselflug, vor allem der Kunstflug, ist in den USA deutlich populärer als in Europa und auf den amerikanischen NATS, die eine Woche vor der WM stattfanden waren allein in der Expertklasse 61 Teilnehmer im Fesselkunstflug am Start. Hier sind selbstgebaute Modelle Voraussetzung zur Teilnahme und erhalten, zusätzlich zur Flugbewertung Baupunkte, die in das Gesamtergebnis mit immerhin ca. 3% einfließen. Ich nutzte die NATS zur WM-Vorbereitung und erreichte immerhin die TOP-20 mit meinem selbstgebauten Modell „Urraco“.
Die Woche drauf fand dann die WM in allen 4 Klassen des Fesselflugs statt: F2A-Speed, also Geschwindigkeit, F2B-Kunstflug, meine Klasse, F2C-Mannschaftsrennen, bei dem drei Teams zeitgleich 100 Runden fliegen und mindestes 2x zum Tanken zwischenlanden müssen, sowie F2D Combat, bei dem zwei Piloten sich gegenseitig Krepppapierschwänze mit dem Propeller abschneiden.
In der Klasse Speed schafften es immerhin zwei Piloten aus NRW zum Gewinn der Mannschaftsbronzemedaille.
Es gilt, ein Modellflugzeug , angetrieben von einem 2,5 ccm-Rennmotor mit Resonanzrohr an einer Leinenlänge von 17,92m über 9 Runden, also insgesamt 1000m zu fliegen. Dabei wird der Steuergriff in ein Pylon gesetzt und FAI-Standardsprit ohne Leistungszusätze verwendet, um Chancengleichheit zu erreichen. Die Modelle sind asymmetrisch gebaut, um den Luftwiderstand zu reduzieren.
In der von mir geflogenen Klasse Fesselkunstflug nahmen insgesamt 47 Teilnehmer aus immerhin 18 Nationen teil. Weltmeister wurde erstmals Marco Valiera aus Italien mit einem Abstand von nur einem halben Promille vor dem Weltmeister von 2016, Orestes Hernandez, aus den USA. Drittplatzierter war der chinesische Junior Letong Xu, der durch kontinuierliche Aufbauarbeit in den letzten Jahren auf vielen europäischen Wettbewerben schon als Junior das Leistungsniveau der Weltspitze erreicht hat. Starke Leistungen zeigten somit erwartungsgemäß die Chinesen und die US-Amerikaner auf ihrer Heim-WM. Uns Deutschen gelang in der Teamwertung immerhin Rang 7 von 18 Nationen.
In der Klasse Kunstflug werden 15 Standardfiguren, also ein Pflichtprogramm von Punktrichtern auf geometrische Präzision bewertet. Die Modelle sind mehrheitlich in Formen gebaute Standardmodelle aus osteuropäischer Produktion, angetrieben von Elektromotoren. Als Antriebsbatterien werden zunehmend anstatt der bislang üblichen Lithium-Polymer Akkus nun auch die aus E-Zigaretten bekannten Lithium-Ionen Zellen eingesetzt. Die Elektroantriebssets sind mittlerweile leichter und vor allem leistungsstärker als Verbrennerantriebe. So flogen nur noch 10 Teilnehmer mit Verbrennerantrieben.
Um dem Trend der gekauften, in Formen gebauten Standardmodelle entgegenzuwirken, hat der Veranstalter der Weltmeisterschaft einen „Concours d‘Elegance“ ausgetragen, an dem nur Piloten mit selbstgebauten Modellen teilnehmen durften. Nur noch 17 Modelle der 47 Teilnehmer waren selbstgebaut. Gewonnen hat diesen Concours Chris Cox aus Kanada mit seiner Hellcat, einer Semi-Scale Konstruktion aber voll kunstflugfähig.
Aufgrund der weltpolitischen Lage, aber auch in vielen Ländern nicht verfügbarer finanzieller Förderung fehlten leider viele Piloten aus Mittel- und Osteuropa, Israel, Südamerika, Afrika, obwohl aufgrund der Lage mit Nähe zu den großen Einreise-Hubs in Chicago und Detroit die An- und Weiterreise nach Muncie eigentlich recht unkompliziert war.
Die WM war für mich bereits seit vergangenem November mit viel Vorbereitungsarbeiten verbunden, gilt es doch, die Kosten einigermaßen im Griff zu halten, waren es immerhin 17 Nächte im Hotel, das Erfordernis, die Modelle sicher in einer Modellkiste in die USA zu verschiffen, und ein standesgemäßes SUV durfte natürlich auch nicht fehlen 😊
Im Februar dieses Jahres hatte ich dann alle organisatorischen Vorarbeiten erledigt. Man sieht, die Vorbereitung zieht sich enorm. Auch das Mitführen von 10 Flugakkus im Bordgepäck musste im Vorfeld geprüft werden. Endlich in Chicago angekommen, war schnell klar, dass man mit nur zwei Händen, einer Modellkiste von 22kg, einem Koffer von ebenfalls 23kg mit allen Ladegeräten, Werkzeugen, Ersatzteilen und ein paar „Unterhosen“ sowie dem Rucksack mit 10 Akkus, der dann auch schnell 8kg wiegt, schnell auch körperlich an seine Grenzen stößt. Das Warten vor der Einreisepasskontrolle dauerte fast 2h, um dann noch weitere 5h Fahrt über Country-Roads durch die nächtliche Prairie nach Muncie zu absolvieren. Aber die Erlegnisse haben die Anstrengungen schnell vergessen lassen.
Am Ende wurde ich bei der WM 16.-er und verpasste den Einzug ins Finale genau um einen Platz. Nur die besten 15 zogen ins Finale ein. Schade, aber der Japaner, der mich aus dem Finale kickte, war echt besser 😊
Immerhin, wurde ich doch drittbester Europäer bei der WM, wobei, wie schon gesagt, viele Teilnehmer aus Europa wegen der Kosten dann doch nicht teilnehmen konnten."